frauen
und frieden |
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Dieses ist der 21. Ostermarsch, an dem ich teilnehme. Wir haben gegen Atomtests, gegen Atomwaffen, gegen den Vietnam Krieg demonstriert. Ich habe nicht damit gerechnet, daß ich in meinem Leben noch einmal bei einem Ostermarsch dagegen protestieren muß, daß deutsche Soldaten an einem Angriffskrieg in Europa beteiligt sind. Jahrelang haben wir als Frauen humanitäre Hilfe geleistet. Während des Krieges Anfang der Neunziger im ehemaligen Jugoslawien hat die weltweite Frauenbewegung Millionen DM, Franc, Dollar, Lire, Peseten usw. gesammelt, um Frauenprojekte zu unterstützen, vergewaltigten Frauen psychologische Hilfe zu geben, Hunger und Elend einen Millimeter weit zu mildern. Wir haben also das gemacht, was Frauen meistens in Kriegen gemacht haben: die schlimmsten Auswüchse mildern, als Krankenschwestern und Ärztinnen, mit tiefem Mit-Gefühl und Mit-Leiden. Und nach den Kriegen haben wir als Trümmerfrauen wieder aufgebaut. Die Angst vor dem Krieg bleibt ein Leben lang. Mit der Entwicklung
der Frauenbewegung in den letzten dreißig Jahren haben wir aber
auch andere Aktionen unternommen, haben uns selber ein Bild gemacht. Wir sind bei den Frauenfriedensmärschen Tausende von Kilometern zu Fuß durch Europa gegangen und haben mit jedem® BürgermeisterIn, jedem Stadtparlament geredet: Macht Eure Stadt zur atomfreien Zone. Mit dem Frauenfriedensbus
sind wir während des Ost-West Konfliktes durch Europa gefahren
- Ost und West, um Feindbilder abzubauen, um zu sehen, wie leben die
Frauen, die Männer, die Kinder in den Ländern, von denen man
uns gesagt hat: Sie sind das Feindesland. Wir haben über den Zusammenhang
von Krieg und Gewalt und die Interessen der Rüstungsindustrie geforscht. Während des Krieges gegen Bosnien, als die Vergewaltigungen als systematischer Bestandteil der ethnischen Säuberung bekannt wurden, haben wir gefordert: Die männliche Logik des Krieges durchbrechen und zu einer Logik des Friedens finden! Vergewaltigung als Kriegsstrategie, die totale Erniedrigung der Frau ist immanenter Bestandteil jeden Krieges. Frauen werden durch Kriege instrumentalisiert, als Flüchtlinge, als Mütter, Schwestern, Töchter, Freundinnen gefallener Soldaten, als diejenigen, die die Wunden heilen sollen, die sie nicht verursacht haben, als Opfer von Gewalt und Vergewaltigung. Krieg und Völkermord müssen gestoppt werden. Wir lehnen kategorisch jede militärische Intervention ab. Jede Form der Intervention fordert unzählige neue Opfer. Wir befürchten zudem, daß im Falle einer Intervention der Krieg auf Kosovo und Mazedonien ausgeweitet würde. Waffen bringen keinen
Frieden. Im Krieg in Bosnien
haben wir uns noch darauf eingelassen, humanitäre Hilfe zu leisten.
Zuletzt mußten wir für jedes Kilo Mehl, das wir herunter
geschickt haben, ein Zertifikat nachweisen. (Die ganzen humanitären
Hilfsaktionen sind ebenfalls zu einem großen Geschäft geworden!
Die Waren werden hier eingekauft, unterstützen unsere Ökonomie,
nicht etwa die der ausgebluteten Länder) Krieg ist gut für die Wirtschaft Am 4. April wird die NATO 50 Jahre alt. Wenn ein Mensch fünfzig Jahr alt wird, ist gewöhnlich davon auszugehen, daß er oder sie weise werden. Die Nato bestimmt nicht. Die NATO ist das reichste Militärbündnis der Menschheitsgeschichte. Das Budget, das die NATO in einem und einem halben Tag zur Verfügung hat, ist das gleiche, was die Vereinten Nationen für ein Jahr haben. Für all ihre Hilfsprogramme und friedenserhaltenden Maßnahmen. Übrigens: Die Nato und Clinton stehen auf der Vorschlagsliste für den Friedensnobelpreis! Die Rüstungsindustrie, allen voran in den USA boomt. Möchte man nicht bei den Nachrichten aus Wallstreet den Fernseher aus dem Fenster schmeißen? Zum ersten Mal steigt der DOW Jones über die Marke von 10.000, Jubel in Wallstreet. Die USA haben weltweit ihren Anteil von ca. 40% auf 62% der Rüstungsexporte seit dem Ende des Ost-West Konfliktes steigern können. Wir leben noch immer im Kapitalismus. Waren, die produziert werden, müssen auch verkauft und benutzt werden, damit wieder neu produziert werden kann. Das gilt auch für die Waren der Rüstungsindustrie. Antiamerikanismus? Nein, bestimmt nicht. Seit vielen Jahren sind wir mit der Frauen- und Friedensbewegung in den USA verbunden. Das Internationale Frauenfriedensarchiv wird seit 15 Jahren durch eine US-amerikanische Frauenfriedensstiftung unterstützt. Wir stimmen da mit unseren US-amerikanischen FreundInnen voll überein. Nur wird über diese Übereinstimmung nicht in den Medien berichtet. Die Rüstungsindustrie
braucht Feindbilder. 20 Millionen DM
sollen jetzt für die Flüchtlinge, in deren Namen man den Krieg
begonnen hat, durch die Bundesregierung aufgewandt werden. Die Debatte
hat schon begonnen. "Das Haus ist voll", wir können keine
Flüchtlinge mehr aufnehmen und so weiter. Gerade erst gehabt. Wir haben gestern einen Blumenstrauß zu dem Haus, in dem Petra Kelly ermordet wurde, gebracht. Damit wollen wir zum Ausdruck bringen, wie sehr sie uns fehlt. Stellt euch Petra Kelly vor, wie sie mit einem Außenminister Joschka Fischer, der Bomben befürwortet, geredet hätte. Die einhellige Stimmung
kommt bekannt vor: Die Grünen
sind auf unserem Rücken, dem Rücken der Friedens-, der Frauen-
und der Umweltbewegung in die Parlamente gekommen und nicht im Interesse
der Herrschaftserhaltung der multinationalen Konzerne, die sich ihre
weltweite Lizenz zum Plündern mit der weltweiten Lizenz zum Töten
absichern wollen. Das was über das Multinationale Abkommen über
Investition auf dem ökonomischen Sektor geplant wird, (und glaubt
nicht, daß das MAI endgültig gestoppt worden ist!) den freien
Zugang zu allen Ressourcen der Welt durch die Multis, wird begleitet
durch die neue Natostrategie der Lizenz zum Töten. Aber jetzt auf
der guten Seite, alles demokratisch. Ob dabei die UNO Struktur zerschlagen
wird, wen kümmert es. In den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien
der Bundeswehr heißt es ja auch nicht zufällig unter Punkt
8: Das Ziel ist die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und
des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt
im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung." Deutschland ist durch die "Wiedervereinigung" endlich ein "normaler" Staat, sagen sie uns. Und das Normalität sich dadurch auszeichnet, daß man Krieg führen können muß! Das ist Normalität? Und ist damit der unausgesprochene, aber eingehaltene Konsens der Nachkriegsgeschichte Deutschlands "Nie wieder Krieg! hinfällig geworden? Haben wir in diesem Land, von dem in diesem Jahrhundert zwei Weltkriege ausgegangen sind, nicht genug an Leid und Mord über Europa und die Welt gebracht? Unsere Großväter
haben es versucht und nicht geschafft, die Dominanz zu haben, Dieses Jahrhundert hat eine Besonderheit: In diesem Jahrhundert sind mehr Menschen in Kriegen ermordet worden, als in den 1.900 Jahren unserer Zeitrechnung. Haben wir nicht endlich aus der Geschichte gelernt, daß der Frieden vorbereitet werden muß? Geplant und finanziert werden muß? Menschenrechtsverletzungen, Gewalt und Krieg sind in ungeheurem Ausmaß zur Zeit weltweit. In "befreundeten Ländern", in Europa in der Türkei, Natoland, in Zypern, in Nordirland, in Palästina, im Irak, in Aethiopien und Eritrea, im Kongo, in Osttimor, in Tibet, in Afghanistan, in Taschkent, auf den Philippinen, Kolumbien und so fort. Gewalt und Krieg nehmen inzwischen, auch vor dem Beginn des Krieges auf dem Balkan, die Hälfte der Nachrichten ein. Wer entscheidet darüber, welche Gewaltverhältnisse und Menschenrechtsverletzungen wo angegriffen werden? Wessen Interessen bestimmen das? Es gibt grauenvolle
Diktatoren und Diktaturen. Milosevic ist einer von ihnen. Bomben wir
die jetzt alle zusammen, wobei die Bomben selten die Diktatoren treffen,
sondern die Menschen, die häufig in Opposition zu diesen Diktatoren
stehen. Wir haben im Februar eine Woche lang systematisch alles gesammelt, was in fünf bundesdeutschen Zeitungen zu Krieg und Gewalt stand. Es sind zwei dicke Aktenordner voll geworden. Kriege werden systematisch vorbereitet. Gewöhnung an Gewalt in allen Bereichen des Alltags und des Krieges ist Teil dieser Strategie. In Kinderfilmen, morgens um sieben in den Privatsendern gab es einen Film: Atomic bee. Eine Biene, die bei Konflikten sich die Atombombe umschnallt und losfliegt und droht. Die Angriffskriege des Hitlerfaschismus sind auf Videos zusammengefaßt und werden Tag und Nacht zum Kauf in der Werbung angeboten. Die Vorbereitung zur Ramboisierung unserer Kinder, insbesondere der Jungen, läuft. Der Krieg ist ein Medienspiel, ein Computerspiel, so wird es ihnen beigebracht. Im ersten Weltkrieg
waren Im 2. Weltkrieg
waren Im Vietnamkrieg
waren In diesem Krieg
werden Frauen, Männer und Kinder und die Soldaten der armen Länder
getötet. Die Soldaten der reichen Länder kehren jede Nacht
"wohlbehalten" auf ihren Stützpunkt zurück. Nachdem
sie Frauen, Kinder und Männer gemordet haben, ohne "Feind"berührung,
töten sie "sauber" über ihre Bordcomputer. Wir fordern: Frieden muß
langfristig geplant werden. Aufregende Abenteuer warten! Für das Leben, gegen den Krieg.
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